7 Meditationsgeschichten zwischen Meister und Schüler

In östlichen Meditationsschulen werden Geschichten gerne dafür verwendet, um eine Wahrheit bildlich auszudrücken. Manchmal brauchen wir ein Beispiel, um eine an sich einfache Sache zu verstehen. Genau dafür gibt es solche Geschichten.

Im folgenden habe ich sieben kurze Geschichten zwischen Meister und Schüler herausgesucht, die Eigenschaften und Tugenden in den Mittelpunkt stellen, die für unsere Meditationspraxis von großer Bedeutung sind: Geduld, Offenheit, Freiheit und Originalität.

Mittel gegen Ungeduld

Ein Meditationsschüler ging zu seinem Lehrer und fragte ihn aufrichtig: „Ich fühle mich deiner Lehre hingegeben. Wie lange werde ich brauchen, um sie zu meistern?“

„Zehn Jahre“, antwortete der Meister gelassen.

„Zehn Jahre?“, wiederholte der Schüler ungeduldig. „Aber ich will sie schneller als das meistern. Ich werde wirklich hart arbeiten. Ich werde jeden Tag praktizieren, zehn oder mehr Stunden wenn ich muss. Wie lange werde ich dann brauchen?“

Der Meister überlegte einen Moment … „20 Jahre.“

Die andere Seite

Eines Tages stieß ein junger Mann auf seiner Heimreise an das Ufer eines breiten Flusses. Er starrte hoffnungslos auf das große Hindernis vor ihm und dachte stundenlang darüber nach, wie er einen so breiten Fluss nur überqueren könne.

Gerade als er aufgeben und seine Reise anderswo fortsetzen wollte, sah er einen alten Mann auf der anderen Seite des Flusses. Der junge Mann rief zu ihm hinüber: „Oh lieber Herr, können Sie mir sagen, wie ich auf die andere Seite dieses Flusses komme?“

Der Alte überlegte einen Moment, schaute den Fluss auf und ab und rief zurück: „Mein Sohn, du bist auf der anderen Seite.“

Zeit zu sterben

Der Zen-Meister Ikkyu war schon als junges Kind sehr klug. Eines Tages zerbrach er ausversehen die geliebte antike Teetasse seines Lehrers und fürchtete seine Reaktion. Als er die Schritte seines Lehrers hörte, versteckte er die Scherben hinter sich. Der Meister erschien und Ikkyu fragte ihn: „Warum müssen Menschen sterben?“

„Das ist die Natur“, erklärte ihm der alte Mann. „Alles muss irgendwann sterben und hat nur so lange zu leben.“

Ikkyu holte die Scherben der Teetasse hervor und fügte hinzu: „Es war Zeit für deine Tasse zu sterben.“

Es wird vergehen

Ein Schüler berichtete seinem Lehrer über seine Erfahrungen in der Meditation: „Meine Meditation ist furchtbar! Ich werde ständig abgelenkt, meine Beine schmerzen und nach 30 Minuten schlafe ich immer ein. Es ist furchtbar!“

„Es wird vergehen,“ antwortete der Lehrer ihm ruhig.

Eine Woche später kam der Schüler zurück zu seinem Lehrer. „Meine Meditation ist unglaublich! Ich fühle mich so klar, konzentriert und nehme alles bewusst wahr! Es ist so belebend! Wunderschön.“

„Es wird vergehen,“ antwortete der Lehrer ihm ruhig.

Nur ein Wegweiser

Der Hund des Meisters liebte seinen abendlichen Spaziergang mit seinem Herrchen. Jeden Abend holte er das Stöckchen, das sein Meister warf, rann zurück und wedelte seinen Schwanz, bis er den nächsten Stock holen konnte. Er liebte es.

Eines Abends lud der Meister einen seiner Schüler zu dem Spaziergang mit seinem Hund ein. Er war einer seiner klügsten Schüler, der verschiedene Widersprüche in den Schriften fand und nicht mit ihnen umzugehen wusste.

„Du musst verstehen,“ sagte der Meister, „dass Worte nur Wegweiser sind. Lasse dich niemals von ihnen in die Irre leiten. Hier, ich zeige dir, was ich meine.“

Daraufhin rufte er seinen Hund.

„Hol mir den Mond“, sagte er zu seinem Hund und zeigte auf den Mond.

„Wohin schaut mein Hund?“ fragte der Meister seinen Schüler.

„Er schaut auf deinen Finger.“

„Ganz genau. Sei nicht wie mein Hund. Verwechsele das Zeigen des Fingers nicht mit dem, auf was gezeigt wird. Jede unserer Schriften sind nur Wegweiser. Jeder Mann kämpft sich durch die Worte anderer Männer, um letztlich seine eigene Wahrheit zu finden.“

Eine neue Stadt

Ein junger Mann spielte mit dem Gedanken in eine neue Stadt zu ziehen, also fragte er den dort ansässigen Zen-Meister: „Glaubst du mir wird es hier gefallen? Sind die Menschen hier nett?“

Der Meister fragte zurück: „Wie sind die Menschen von dort, wo du herkommst?“

„Gemein und gehässig. Sie wollen immer nur das Beste für sich und kehren sich nicht um die anderen,“ antwortete der junge Mann.

„Dir wird es in dieser Stadt nicht gefallen. Die Menschen hier sind genauso,“ sagte der Meister.

Einige Zeit später kam ein anderer Mann mit derselben Frage zum Meister. Wieder fragte der Meister ihn: „Wie sind die Menschen von dort, wo du herkommst?“

„Wundervoll“, sagte der junge Mann. „Sie sind liebevoll und leben in Respekt und Harmonie miteinander.“

„Dir wird es in dieser Stadt gefallen. Die Menschen hier sind genauso,“ sagte der Meister.

Sein lassen

Ein älterer und ein jüngerer Mönch waren zusammen auf einer Reise, als sie auf einen Fluss mit einer starken Strömung stießen. Als sie sich für die Überquerung bereitmachten, sahen sie eine junge, schwangere Frau, die es alleine nicht über den Fluss schaffte. Als sie die Mönche sah, bittete sie um Hilfe.

Der ältere Mönch nahm die Frau auf seinen Rücken, überquerte mit ihr den Fluss und ließ sie auf der anderen Seite am Ufer sanft herunter. Die Frau bedankte sich und ihre Wege trennten sich.

Nach einigen Stunden bemerkt der ältere Mönch, das mit dem jüngeren Mönch etwas nicht in Ordnung ist. Also fragte er ihn: „Was beschäftigt dich?“

„Als Mönche dürfen wir keine Frauen berühren,“ sagte der junge Mönch. „Warum nur hast du sie über den Fluss getragen?“

Der ältere Mönch antwortete: „Ich habe die Frau vor Stunden am Ufer gelassen, aber du scheinst sie immer noch mit dir herumzutragen.“

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