Für gewöhnlich wird empfohlen, vor dem Essen zu meditieren. Mit nüchternem Magen ist unser Körper ruhiger und dementsprechend auch unser Geist. Doch manchmal klappt es einfach nicht, weil unser Tagesablauf es nicht hergibt. Vielleicht haben wir verschlafen, Abends eine Verabredung und die einzigen freien Minuten finden sich in der Mittagspause nach dem Essen. Vielleicht passt es so mit unseren alltäglichen Aufgaben einach besser.
Viele Menschen fühlen sich nach dem Essen zu platt, um konzentriert zu meditieren. Sie haben keine Energie und wollen eigentlich nur schlafen. Dabei sollte uns unsere Nahrung doch eigentlich Energie liefern, nicht entziehen.
In diesem Artikel möchte ich dir die verschiedene Lösungen vorstellen, durch die wir auch nach dem Essen problemlos konzentriert meditieren können.
Beginne schon während des Essens
Wenn wir wissen, dass wir heute nach dem Essen meditieren wollen – aus welchem Grund auch immer –, dann sollten wir das Essen nicht von unserer Meditationspraxis trennen. Schon während der Aufnahme der Mahlzeit können wir beginnen zu meditieren. Folgende Tipps können dabei helfen, um während des Essens zu meditieren:
- Iss allein und/oder in Stille.
- Schmecke die Nahrung mit deinem ganzen Mund.
- Iss langsam.
- Schließe ggf. die Augen.
Beim Essen zu meditieren hat zwei Vorteile. Der erste Vorteil ist die Aufmerksamkeit selbst. Wir sind nicht irgendwo anders, in Gedanken, Gesprächen oder Fernsehserien, sondern erfahren das Essen so, wie es ist. Es ist wohltuend und hat denselben Effekt wie eine klassische Achtsamkeitsmeditation.
Der zweite Vorteil entsteht durch die Aufmerksamkeit, die wir beim Essen haben. Dadurch, dass wir aufmerksamer sind, essen wir langsamer. Das führt dazu, dass wir a) weniger essen müssen, um satt zu werden und b) dem Magen viel Arbeit abnehmen. Lassen wir uns Zeit beim Essen und kauen unsere Nahrung gut durch, kostet der Verdauungsprozess den Körper weniger Energie; Energie, die uns nach dem Essen sonst oft fehlt.
Indem wir schon an das Essen selbst achtsam herangehen, fällt daher auch die Meditation danach viel leichter.
Zeit für einen Spaziergang
Meditation muss nicht heißen, dass wir uns mit gekreuzten Beinen auf den Boden setzen. Jede Aktivität kann zur Meditation werden. Es kommt nicht darauf an, was wir tun, sondern wie wir es tun. Sind wir bewusst bei dem, was wir tun? Erfahren wir das, was gerade wirklich ist? Dann meditieren wir.
Wenn du dich nach dem Essen einen schweren Magen hast und nicht klassisch im Sitzen meditieren möchtest, bedeutet das nicht, dass du gar nicht meditieren solltest. Es gibt viele Wege zu meditieren. Eine besonders gut geeignete Meditationstechnik für die Zeit nach dem Essen ist die Gehmeditation im Freien.
Bei der Gehmeditation setzen wir Schritt für Schritt einen Fuß nach dem anderen. Wir heben bewusst den linken Fuß, geben ihn durch die Luft nach vorne und setzen ihm auf dem Boden ab. Mit dem rechten Fuß machen wir dasselbe – und fertig ist die Gehmeditation.
Nach dem Essen so zu meditieren hat den Vorteil, dass wir unseren Stoffwechsel anregen und die Nahrung gut verdaut werden kann. Dies ist vor allem dann hilfreich, wenn wir zu viel gegessen haben und uns ausgelaugt fühlen. Außerdem ist es eine schöne Gelegenheit, mal im Freien meditieren zu können.
Im Liegen meditieren
Wenn dir nicht nach Bewegung ist und dein Körper nach dem Essen einfach nur Ruhe möchte, kannst du auch mal probieren, im Liegen zu meditieren. Für gewöhnlich ist eine Schlafposition nicht geeignet für die Meditation, da wir dadurch viel zu müde werden und schnell die Konzentration verlieren. Hin und wieder und unter bestimmten Umständen kann das Meditieren im Liegen aber durchaus Sinn machen – so auch nach dem Essen.
Ein voller Magen verleitet oft dazu, uns mal kurz hinzulegen und auszuruhen. Eine 15-20 minütige Meditation im Liegen kann so als Power-Nap und Ersatz zum Mittagsschlaf dienen. Wenn du danach jedoch noch Termine hast, solltest du dir einen Wecker stellen. Es kann nämlich dennoch passieren, dass du in das Land der Träume eintauchst.
Bist du wie ich ein Bauch- und Seitenschläfer, könnte das Meditieren im Liegen besonders passend sein. Da wir in der Meditation auf dem Rücken liegen, wird oft das Einschlafen verhindert und es bleibt stets ein kleiner Funken Bewusstsein angeschaltet.
Das Meditieren im Liegen nach dem Essen hat außerdem den Vorteil, dass es unserem Körper die nötige Ruhe gibt, um die Nahrung zu verarbeiten. Gerade nach einer schweren Mahlzeit wie dem Mittagessen kann es eine super Alternative zur klassischen Meditation im Sitzen sein (und als ein kleiner Power-Nap dienen).
Atemübung gegen einen schweren Magen
Vor einiger Zeit bin ich auf eine Atemübung gestoßen, die nach einer schweren Mahlzeit wieder für Leichtigkeit sorgen kann. Sie funktioniert wie eine Art Ventil, durch das überschüssige Energie abgelassen wird und wieder ein Gleichgewicht entsteht. Und zwar geht sie wie folgt:
- Mache es dir bequem, sodass dein Körper ganz entspannen kann. Liegend ist es am einfachsten.
- Lege deine rechte Hand auf deinen Bauch und spüre deinen Atem ein- und ausströmen. Atme bewusst, ruhig und langsam.
- Schaue, wie lange ein natürlicher Atemzug dauert. 3, 5, 10 Sekunden?
- Atme nun so weiter, indem du den Atem von selbst in den Bauch einströmen lässt. Anstatt nun wieder im selben Tempo auszuatmen, verdoppelst du die Länge des Ausatmens. Wenn du 3 Sekunden einatmest, atmest du 6 Sekunden aus.
- Lasse alle Luft aus deinen Lungen, aber verkrampfe dabei nicht. Die Übung sollte angenehm sein. Wenn dir der zweifache Dauer beim Ausatmen zu lange ist, dann atme einfach nur etwas länger aus, als du einatmest.
- Verweile mit deiner Aufmerksamkeit im Bauch und bleibe ein paar Minuten bei diesem Rhythmus. Den Rest deines Körpers kannst du locker lassen, insbesondere das Gesicht, die Kehle und die Brust.
Diese Atemübung hilft dabei, das schwere Gefühl im Magen loszuwerden und die Energie aus dem Bauch im ganzen Körper zu verteilen. Wenn du das Verdauungsfeuer stark entfachen möchtest, kannst du die Übung auch einmal andersherum ausprobieren; also doppelt solange einatmen, als du ausatmest. Dies wirkt vor allem dann, wenn du es relativ stark für eine kurze Zeit praktizierst (stoßweise).
Wir können immer meditieren
Um nach dem Essen erfolgreich zu meditieren, müssen wir offen dafür sein, von unserer gewohnten Praxis abzuweichen. Klassisch im Sitzen nach dem Essen zu meditieren kann funktionieren – vor allem dann, wenn wir schon beim Essen selbst beginnen und uns leicht ernähren. Nach einer schweren Mahlzeit ist das aufrechte Sitzen jedoch oft schwierig und auch die tiefe Bauchatmung fließt nicht so wirklich.
Das heißt nicht, dass wir nach dem Essen gar nicht meditieren sollten. Tatsächlich ist die Zeit nach dem Essen eine gute Zeit für Innenkehr, Achtsamkeit und Selbstreflexion. Dies können wir immer praktizieren, egal wo wir sind oder was wir tun.
Die Gehmeditation und das Meditieren im Liegen sind tolle Möglichkeiten, um auch mit einem vollen Magen unserer Praxis nachzugehen und gleichzeitig unserer Körper bei der Verdauung der Nahrung zu unterstützen. Ergänzend dazu können wir mit bestimmten Atemübungen den ganzen Prozess unterstützen.
Grundsätzlich sollten wir unsere Meditationspraxis nie von äußeren Umständen abhängig machen. Wir sollten immer in der Lage sein zu meditieren. Egal ob vor oder nach dem Essen, mit einem vollen oder leeren Magen. Meditation findet im Moment statt – immer da, wo wir sind.