Buddhistische Meditation einfach erklärt

Mit rund 360 Millionen Anhängern ist der Buddhismus die viertgrößte Religion der Welt. Im Gegensatz zu den anderen Weltreligionen steht beim Buddhismus jedoch nicht die Verehrung eines Gottes im Mittelpunkt. Vielmehr beruhen die buddhistischen Lehren auf philosophischen Überlegungen und praktischen Nachforschungen, bei denen die Übung der Meditation eine zentrale Rolle spielt.

Ziel des Buddhismus und der buddhistischen Meditation ist die Befreiung von Leid (dukkha) und das Heraustreten aus dem endlosen Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt (samsara). Erreicht wird dieses Ziel durch die Erleuchtung und dem damit einhergehenden Zustand des Nirvana – dem Erlöschen aller falschen Vorstellungen und Anhaftungen.

Wie meditiert man im Buddhismus?

Um an dieses Ziel zu gelangen gibt es den vielen verschiedenen buddhistischen Schulen nach unterschiedliche Wege. Einer dieser Wege ist der kontemplative Weg der Meditation, bei dem der Suchende systematisch seinen Geist trainiert, um Einblicke in die Existenz und sein eigenes Dasein zu erlangen.

Dieser Weg wurde vom historischem Buddha Siddhartha Gautama gelehrt und von späteren buddhistischen Meistern mit wissenschaftlicher Genauigkeit und Methodik weitererforscht und praktiziert. Über die Jahrtausende hat sich so ein ziemlich detaillierter Fahrplan entwickelt, mit dem jeder ans Ziel kommen kann.

Shamatha

Für gewöhnlich beginnt der buddhistisch Meditierende mit dem Kultivieren von Shamatha, einem Geisteszustand der tiefer Konzentration ähnlich ist. Wörtlich übersetzt bedeutet Shamatha soviel wie ruhiges Verweilen. Neben beständiger Aufmerksamkeit zeichnet sich der Zustand also auch durch Ruhe und Friedfertigkeit aus. Erreichen kann man Shamatha schlicht und einfach durch beständiges Üben und dem Setzen der richtigen Absichten.

Dafür sucht sich der Meditierende ein Meditationsobjekt bzw. Konzentrationspunkt, z.B. die Empfindungen des Atems an der Nasenspitze, und bringt seine Aufmerksamkeit immer und immer wieder zu genau diesem Punkt. So lernt er, seinen Geist konzentriert auf einen kleinen Punkt zu bündeln und sich von anderen Sinneseindrücken oder Gedanken nicht ablenken zu lassen.

Shamatha ist so in vielerlei Hinsicht die Grundlage für weitere kontemplative Übungen und Meditationstechniken. Denn eine Sache wird immer verlangt: die Fähigkeit, aufmerksam zu sein, ohne geistig abzuschweifen. Genau diese Fähigkeit wird beim Üben von Shamatha entwickelt.

Vipassana

Nachdem der buddhistisch Meditierende Shamatha gemeistert hat oder zumindest auf einem guten Weg dahin ist, ergänzt er seine Meditationspraxis mit Vipassana. Vipassana bedeutet Einsicht und und baut auf der Konzentration, die durch Shamatha entwickelt wurde, auf. Während Shamatha jedoch eine eher stabilisierende Wirkung auf den Geist hat, geht es bei Vipassana um eine eher unterscheidende Qualität.

Hier werden die charakteristischen Merkmale des Meditationsobjekts also genau untersucht und auf feine Unterschiede geprüft. Vipassana bringt so den Aspekt des Verstehens und der Unterscheidungskraft mit in die Meditation, während die Konzentration jedoch durchgehend aufrecht erhalten wird.

Praktisch besteht die Vipassana-Meditation meist darin, dass man von der Atem-Konzentration zur Konzentration auf den gesamten Körper übergeht. Dies hat einen rein pragmatischer Grund, da alle Körperempfindungen zusammen schlicht mehr Möglichkeit zur Untersuchung bieten. Letztlich geht es beim Vipassana (oder Shamatha) jedoch gar nicht um die Dinge, die wahrgenommen werden, sondern um die Geisteshaltung des Meditierenden und die Beziehung, die er zu diesen Dingen hat (oder nicht hat).

Shamatha und Vipassana bilden so ein Paar, durch das sich buddhistische Meditationen auszeichnet. In einem klassischen 10-tägigen Meditationsretreat übt man zum Beispiel die ersten drei Tage durchgängig Shamatha-Meditation und geht dann für die restlichen sieben Tage zur Vipassana-Meditation über.

Die acht Jhanas

Fortgeschrittene Meditierende beginnen dann mit der Entdeckung der acht Jhanas. Dies sind verschiedene tiefe Bewusstseinszustände, die durch das beständige Praktizieren von Shamatha und Vipassana auftreten. Aufgeteilt werden sie in körperliche oder fein-körperliche Jhanas und in nicht-körperliche bzw. formlose Jhanas.

Die körperlichen Jhanas werden so genannt, da sie noch, zumindest zum Teil, im Körper lokalisierbar sind. Sie bestehen aus der Hinwendung des Geistes zum Meditationsobjekt, Beruhigung, Gleichmut/Gelassenheit und und Reinheit der Achtsamkeit.

Die formlosen Jhanas sind rein geistige Versenkungszustände, die meist schrittweise erreicht werden. Die Ablauf ist dabei wie folgt:

  1. Der Meditierende entdeckt, dass kein Objekt wirklich existiert, sondern nur reiner, leerer, grenzenloser Raum.
  2. Er realisiert, dass auch Raum nicht existiert, sondern nur unendliches Bewusstsein.
  3. Auf dieser Stufe fällt selbst die Wahrnehmung vom Bewusstsein weg. Alles, was bleibt, ist die Leere.
  4. Im letzten Jhana, der absoluten Versenkung, gibt es weder Wahrnehmung noch nicht-Wahrnehmung. Auf dieser Stufe ist Samadhi, die Erleuchtung erreicht.

Breites Spektrum an Meditationstechniken im Buddhismus

Neben dem hier vorgestellten Weg, bestehend aus Shamatha, Vipassana und den acht Jhanas, gibt es im Buddhismus viele ähnliche Systeme der Meditation. Teilweise benutzen diese eine andere Terminologie, unterscheiden sich in der Technik aber nicht allzu sehr. Teilweise sind es aber auch ganz andere Herangehensweisen. Grundsätzlich ist das hier beschriebene Meditationssystem jedoch den meisten Buddhisten geläufig und wird von vielen so praktiziert.

Was hat es mit Zen auf sich?

Zen ist eine buddhistische Strömung die sich im 5. Jahrhundert in China gebildet hat und stark vom Taoismus beeinflusst wurde. Oft wird Zen als besonders praxisorientierte und weniger philosophische Strömung gesehen. Grund dafür sind zu einem die Koans, die paradoxen Aussagen oder Fragen der Zen-Meister, die auf rationaler Ebene absolut keinen Sinn ergeben. Man kann sie nur direkt erfahren, sagt man, aber nicht mit dem Verstand verstehen.

Ein anderer Grund ist, dass im Zen kein wirklicher Unterschied zwischen Meditation und dem Alltag gemacht wird. Es gibt zwar die formelle Meditation, das Zazen (wörtlich: Sitzmeditation), aber ebenso wichtig ist das Meditieren im Alltag, bei ganz gewöhnlichen Aktivitäten. So wird im Zen-Buddhismus immer Meditation geübt, egal ob man im Lotussitz auf einem Kissen sitzt oder die Kartoffeln schält.

Wie kann man buddhistische Meditation lernen?

Wie man buddhistische Meditation lernen kann hängt stark davon ab, für welche Form der buddhistischen Meditation man sich entscheidet. Im Vajrayana-Buddhismus zum Beispiel, dem tantrischen Buddhismus, ist die Einweihung und Leitung eines direkten Lehrers von großer Bedeutung. Dies hat gute Gründe. Denn gerade in dieser buddhistischen Strömung können die Meditationstechniken sehr komplex und abstrakt sein, sodass man viel falsch machen kann. Da ist ein Lehrer wirklich wichtig, an den man sich mit seinen Fragen wenden kann.

Es gibt jedoch auch im Buddhismus Meditationtechniken, die man ohne einen direkten Lehrer erlernen kann. Das hier vorgestellte System aus Shamatha, Vipassana und den acht Jhanas ist eines davon. Gerade in der heutigen Zeit kann man sich die nötigen Informationen über Webseiten, Videos und Bücher besorgen und dann schon auf eigene Faust beginnen, Zuhause zu meditieren. Wenn man es mit dem meditieren ernst meint, stößt man dann mit der Zeit unausweichlich auf einen Lehrer oder Menschen, der auf dem Weg schon fortgeschrittener ist und einem weiterhelfen kann.

Wenn du buddhistische Meditation wirklich in seiner Gesamtheit kennenlernen möchtest und weißt, dass es der Weg für dich ist, dann solltest du dich mal bei dir in der Nähe umschauen. Vielleicht gibt es eine buddhistische Meditationsgruppe, der du beitreten kannst, oder sogar ein Zentrum oder Kloster, das Sangha anbietet.

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