Über die Jahrtausende haben sich unzählige Meditationstechniken entwickelt und auch heute noch kommen ständig neue dazu. Diese riesige Auswahl kann manchmal etwas überfordernd sein, denn woher sollen wir wissen, welche Technik die richtige für uns ist? Es gibt ja so viele!
Um bei der Wahl der richtigen Meditationstechnik zu helfen, wird gerne eine grundlegende Unterscheidung vorgenommen, und zwar zwischen aktiven und passiven Meditationstechniken.
Aktive Meditationstechniken sind die, bei dem wir mit dem Körper und/oder Geist etwas erzeugen – ein Gedanke, ein Gefühl oder eine Handlung –, auf das wir unsere Aufmerksamkeit richten können. Dieses aktiv erzeugte Etwas ist hier dann unser Meditationsobjekt. Der Vorteil bei diesen Techniken ist, dass man mit dem Körper-Geist stärker involviert ist und so das Aufrechterhalten der Konzentration leichter fällt.
Passive Meditationstechniken sind, wie der Name schon sagt, passiv. Wir erzeugen hier also kein Objekt, auf das wir unsere Aufmerksamkeit richten, sondern bedienen uns der Dinge, die sowieso schon da sind. Ein klassisches Beispiel ist der Atem. Der Atem ist immer da, ohne unser aktives Zutun, und kann so als passives Meditationsobjekt dienen.
Geistig oder körperlich, aktiv oder passiv?
Eine weitere Unterscheidung, die wir treffen müssen, ist zwischen geistiger und körperlicher Aktivität bzw. Passivität. Manche Meditationstechniken sind körperlich zwar passiv, dafür geistig aktiv. Bei anderen ist es genau umgedreht; und wieder andere sind komplett passiv oder komplett aktiv.
Um aktiv und passiv also noch mal genau zu definieren:
- Körperlich aktiv heißt, dass wir mit dem Körper eine bestimmte Bewegung machen Anspannung halten, die eine gewisse Anstrengung oder Mühe erfordert. Beispiele sind das Gehen oder das Chanten.
- Körperlich passiv sind wir, wenn sich unser Körper nicht bewegt und wenn die Körperposition uns keine (physische) Anstrengung bereitet. Beispiele sind das stille Sitzen während der Meditation oder das Liegen.
- Geistig aktiv heißt, dass der Geist etwas Bestimmtes tut, zum Beispiel ein Bild visualisieren, eine Affirmation oder ein Mantra wiederholen oder ein Gefühl bzw. eine Empfindung kultivieren. Das einfache Ausrichten der Aufmerksamkeit oder das Beobachten von z.B. einer körperlichen Bewegung hingegen ist nicht geistig aktiv, da der Geist selbst nichts erzeugt.
- Geistig passiv sind wir, wenn unser Geist in sich selbst oder auf einem Meditationsobjekt ruht, das ohne sein Zutun da ist. Bei normaler Achtsamkeitspraxis im Alltag ist unser Geist also eher passiv, was jedoch nicht heißt, dass er träge, schläfrig oder unsere Aufmerksamkeit abwesend ist.
Körperlich aktive, geistig passive Meditationstechniken
Wenn wir uns gleich einige der aktiven Meditationstechniken anschauen, wirst du dir vielleicht denken, „Wie, das ist Meditation?“ Um das Wort Meditationstechnik also noch mal kurz zu definieren: Wir verstehen hier alle Übungen darunter, bei denen das Ziel entweder a) das Erleben des gegenwärtigen Moments oder b) das Erreichen eines vom Alltag abweichenden Bewusstseinszustand ist.
Gehmeditation
Die Gehmeditation ist eine klassische Meditationstechnik, bei der der Körper zwar aktiv, der Geist jedoch passiv ist. Während der Körper geht, ruht der Meditierende hier mit seiner Aufmerksamkeit auf den Empfindungen, die durch das Gehen verursacht werden – im Fuß, im Bein und schließlich im ganzen Körper. Auch wird bei der Gehmeditation gerne der Atem zur Hilfe genommen.
Hatha Yoga
Hatha Yoga, auch Yoga des Körpers oder Yoga der Anstrengung genannt, ist der Yoga, der bei uns im Westen am weitesten verbreitet ist. In den Körperstellungen (āsanas) und Bewegungsabläufen (vinyāsas) ist hier das Ziel, trotz Anstrengung immer gleichmütig zu bleiben und die Aufmerksamkeit bei dem Körper und dem Atem zu halten. Richtig praktiziert ist also auch diese Yoga-Form eine sehr gute Achtsamkeits- und Meditationsübung.
Qigong
Auch Qigong findet mehr und mehr Anklang in der westlichen Zivilisation. Wie das ihm verwandte Tai Chi stammt es aus dem Taoismus und ist eine Meditationsform zur Kultivierung der Einheit aus Körper und Geist. Durch die fließenden Bewegungsabläufe, verbunden mit dem Atem, fördert Qigong unter anderem die Konzentration, Beweglichkeit, Selbstwahrnehmung und den Gleichgewichtssinn.
Dynamische Meditation nach Osho
Auch der umstrittene Guru Bhagwan Shree Rajneesh, heute bekannt also Osho, hat für seine Anhänger eine aktive Meditationstechnik entwickelt. Diese hat fünf Phasen, bestehend aus schnellem Atmen, Schreien, Tanzen, Springen, einer kurze Pause mit stiller Beobachtung und dann wieder ausgelassenen Bewegungen. Es ist eine sehr aktivierende Meditationstechnik, bei der sich körperliche, geistige und emotionale Blockaden zeigen und lösen können.
Tanz
Auch Tänze wurden seit jeher als eine Form der Meditation genutzt. So kennen wir beispielsweise aus dem Sufismus den Drehtanz der Derwische oder die ekstatischen Tänze der Schamanen. Aber auch so kann bewusster Tanz, bestehend aus intuitiven Bewegungen, eine durchaus schöne aktive Meditationsübung sein.
Chanting/Rezitation
Eine besondere Stelle bei den körperlich aktiven Meditationstechniken nimmt das Chanten, die Rezitation oder auch der Gesang ein. Denn anstatt der Körperglieder werden hier hauptsächlich die Stimmbänder benutzt, um ein Meditationsobjekt zu erzeugen. In vielen kontemplativen Traditionen ist das Chanten oder die laute Rezitation nach wie vor ein fester Bestandteil der täglichen Praxis – und kann auch für uns interessant sein. Zum Beispiel können wir es uns zum Ritual machen, vor und nach der Meditation das OM zu chanten, um die Meditation zu vertiefen. Auch können wir Mantras, anstatt im Geiste, laut wiederholen.
Körperlich passive, geistig aktive Meditationstechniken
Nun wollen wir uns drei der Meditationstechniken anschauen, bei denen der Körper zwar still ist, dafür der Geist aktiv das Meditationsobjekt erzeugt. Die hier ausgewählten Meditationstechniken sind relativ allgemeine Techniken, von denen es viele Variationen gibt. Das Grundprinzip ist jedoch immer dasselbe: Man stellt sich mit dem Geist irgendetwas vor und konzentriert sich auf diese Vorstellung, sei es ein Wort, ein Bild, ein Gefühl oder ein anderes wahrnehmbares Objekt.
Mantra Meditation
Die verbreitetste dieser Meditationstechniken ist die Mantra Meditation, hierzulande auch bekannt als transzendentale Meditation oder TM. Bei ihr wiederholt der Praktizierende immer und immer wieder ein oder mehrere Wörter, die er sich vorher ausgewählt hat oder in die er eingeweiht wurde. Die Syntax ist dabei meistens ähnlich und sehr einfach gehalten. Ein beliebtes Mantra ist zum Beispiel So Ham – Ich bin. Beim Einatmen wiederholt man So, beim Ausatmen Ham.
Chakra Meditation
Bei der Chakra Meditation wird meistens mit Visualisierungen gearbeitet, die dabei helfen sollen, die Aufmerksamkeit in einem bestimmtem Körperbereich zu sammeln. Hier wiederholt der Geist also nicht ein Wort, wie bei der Mantra Meditation, sondern die Vorstellung eines Bildes, oft auch in Verbindung mit einem Gefühl in derselben Körperregion.
Metta Meditation
Bei der Metta Meditation, oder der Meditation der liebenden Güte, wird gezielt ein Gefühl der Liebe zu und Verbundenheit mit allen Lebewesen kultiviert. So beginnt man meist damit, sich die Liebe zu einer vertrauten Person vorzustellen. Diese weitet man dann aus, über Freunde und Familie, Bekannte, Unbekannte, bis sie die Erde und schließlich das ganze Universum umfasst. Hier ist der Geist also auch aktiv an der Erzeugung des Meditationsobjekts beteiligt.
Geistig und körperlich passive Meditationstechniken
Die mit am meisten verbreitetsten Meditationstechniken sind komplett passiv; der Körper sitzt still und der Geist ruht in sich selbst oder auf einem Meditationsobjekt, das von selbst da ist. Passive Meditationstechniken sind so von Natur aus sehr einfach und rein und genau das macht sie so besonders. Denn beim Meditieren geht es nicht um Komplexität – ganz im Gegenteil. Je einfacher und natürlicher die Meditationstechnik ist, desto besser.
Achtsamkeitsmeditation mit dem Atem
Die Achtsamkeitsmeditation mithilfe des Atems ist eine der verbreitetsten Meditationstechniken. Auszeichnen tut sie sich durch ihre Simplizität: Jeder Mensch atmet, also kann sie jeder Mensch üben – und das immer und überall. Der Atem wird hierbei nicht kontrolliert, sondern einfach fließen gelassen, völlig passiv.
Die Empfindungen, die dabei im Körper entstehen, dienen als Meditationsobjekte. So kann man sich aussuchen, auf welchen Bereich im Körper, durch den der Atem strömt, man sich konzentrieren will. Beliebt sind vor allem die Nasengänge und der Bereich zwischen Nasenspitze und Oberlippe. Aber auch der Bauch, die Brust oder die Kehle können als Konzentrationspunkte dienen.
Vipassana Meditation
Vipassana ist ein weiter Begriff, der mehr als nur eine Meditationstechnik umfasst. Meistens versteht man unter Vipassana Meditation jedoch eine stille und passive Meditationstechnik, bei der z.B. die Empfindungen im Körper beobachtet werden. Wichtiger als die Meditationsobjekte selbst ist dabei jedoch die geistige Haltung des Meditierenden. „Vipassana“ heißt Einsicht und zielt auf diese drei Einsichten bzw. Erkenntnisse ab: dass alle Dinge unbeständig sind (anicca), wesenlos sind (anatta) und dass das Anhaften an sie Leid verursacht (dukkha).
Zazen
Zazen ist eine – oder besser gesagt die Meditationstechnik aus dem Zen-Buddhismus. Wörtlich übersetzt werden kann zazen als Sitzmeditation. Wie der Name schon suggeriert besteht die Technik also einfach darin, zu sitzen. Manchmal wird Zazen auch als Shikantaza bezeichnet, was buchstäblich „einfach sitzen“ bedeutet.
Wichtig beim Zazen ist sowohl die körperliche, als auch die geistige Haltung. Je nach Tradition gibt es mehr oder weniger Anleitung beim Üben von Zazen, aber in der Regel beginnt der Meditierende damit, sich einfach des sitzenden Körpers und des Atems in diesem Körper bewusst zu sein. Es unterscheidet sich also gar nicht so sehr von klassischer Achtsamkeitsmeditation oder Vipassana Meditation.
Nicht-Meditation
Achtung, jetzt wird’s paradox: Eine der fortgeschritteneren Meditationstechniken ist die der nicht-Meditation. Manchmal wird sie auch als „Technik ohne Technik“ oder „Übung ohne Üben“ bezeichnet. Die einzige Anleitung, die man hier geben kann, ist sehr kurz. Sie besteht aus zwei Worten: tu nichts.
Es ist die wohl passivste aller Meditationstechniken, wenn man sie denn noch so nennen kann. Anstatt die Aufmerksamkeit auf irgendein Objekt zu richten, was hier schon als Aktivität gewertet wird, ruht sie einfach in sich selbst. Man ist einfach nur, ohne etwas zu tun – ja selbst ohne zu meditieren.
Geistig und körperlich aktive Meditationstechniken
Es gibt auch Meditationstechniken, bei denen sowohl der Geist als auch der Körper aktiv an der Erzeugung des Meditationsobjekts beteiligt ist. Dies sind meist fortgeschrittenere Übungen, bei denen zwei verschiedenen Techniken miteinander kombiniert werden. Beispiele dafür finden wir zum Beispiel im Kundalini Yoga. Hier werden mit dem Körper bestimmte Bewegungen gemacht, Stellungen eingenommen oder Muskelpartien angespannt, während man mit dem Geist gleichzeitig Bilder visualisiert, Mantras wiederholt und/oder Gefühle kultiviert.
Welche Technik ist die richtige für dich?
Jetzt gilt es herauszufinden, welche Technik die richtige für dich ist. Vielleicht hast du beim Lesen schon gemerkt, dass du bestimmte Techniken interessanter findest als andere. Das ist in der Regel der beste Indikator bei der Wahl der Technik, denn normalerweise fühlen wir uns zu der Technik hingezogen, die zu uns passt.
Wenn du gar keine Ahnung hast und keine der Techniken besonders herausgestochen hat, kannst du es mit Überlegungen probieren. Eine Frage, die ich besonders hilfreich finde, ist: Bin ich eine eher extrovertierte oder eher introvertierte Person?
Extraversion vs. Introversion
Extrovertierte Menschen neigen dazu, gerne etwas zu tun zu haben, aktiv zu sein. Einfach still dazusitzen und dem Atem zu folgen kann für sie eine besondere Herausforderung sein. Das ist nicht unbedingt schlecht, denn Herausforderungen sind gut, aber unnötig schwer wollen wir es uns auch nicht machen. Als extrovertierte Person zu einer aktiven Meditationstechnik zu greifen, z.B. der Mantra Meditation, kann daher sinnvoll sein.
Introvertierte Menschen sind von Natur aus etwas ruhiger und haben kein Problem damit, auch mal allein Zuhause zu sitzen und nichts zu tun. Für passive Meditationstechniken ist das eine gute Ausgangsbedingung, denn hier üben wir genau das – stille Introversion. Wenn du also eher introvertiert bist oder zumindest gerne deine Ruhe hast, dann könnte eine passive Meditationstechnik wie Zazen oder die klassische Achtsamkeitsmeditation etwas für dich sein.
Dieses Modell ist natürlich nicht perfekt und es wird immer Abweichungen davon geben. Auch sind viele Menschen weder wirklich extrovertiert noch wirklich introvertiert, sondern irgendwo in der Mitte. Dennoch kann es uns als Anhaltspunkt dienen, von dem aus wir uns umschauen können.
Schon viele Menschen habe ich nach ihrer Meditationstechnik gefragt und kam oft zu dem Schluss, dass diese gut zu ihnen passt. Meistens gibt es einfach Gemeinsamkeiten zwischen unserem Persönlichkeitstyp und der Meditationstechnik, die wir gerne praktizieren. Zu schauen, wie unser Körper-Geist-System tickt, kann daher sehr hilfreich beim Finden der richtigen Meditationstechnik sein.
Probiere dich aus, aber …
Selbstverständlich kannst du auch verschiedene Meditationstechniken ausprobieren und durch das Ausschlussverfahren die richtige Technik für dich finden. Aber Achtung: Lasse dich nicht von deinem Verstand, der keine Lust hat zu meditieren, austricksen. Dieser wird dich vielleicht dazu verleiten wollen, immer mal eine neue Technik auszuprobieren, entweder weil ihm langweilig wird oder, noch besser, weil die Meditationstechnik wirkt. Das Wirken der Meditation bedeutet nämlich das, zumindest vorübergehende, Ende für ihn; und das will er natürlich nicht.
Ab einem gewissen Punkt muss man sich einfach für eine Technik entscheiden und sie dann erstmal richtig praktizieren. Denn die „perfekte“ Meditationstechnik gibt es sowieso nicht. Letztlich liegt es viel mehr an uns, als an der Technik. Mit welcher Absicht wir uns hinsetzen und wie entschlossen wir praktizieren ist entscheidend – die Technik ist dann eher zweitrangig.