Für gewöhnlich meditieren wir alleine und ziehen uns für unsere Praxis zurück, um nicht gestört zu werden. Doch es ist auch möglich zu zweit zu meditieren. Viel mehr noch: Es kann sogar unglaublich hilfreich sein. Ob als Paar, mit einem Freund oder einem Lehrer – das gemeinsame Meditieren hat etwas ganz Besonderes an sich.
Vor- und Nachteile von gemeinsamer Meditation
Als ich anfing zu meditieren tat ich dies immer allein und dachte, es sei das Beste so. Schließlich wollen wir beim Meditieren Ruhe haben und uns nicht von anderen Menschen oder Eindrücken ablenken lassen. Wir wollen unseren Geist nach Inne kehren, Introversion, das geht allein doch sicher am besten … oder?
Jaein.
Ja, wir brauchen beim Meditieren unsere Ruhe und die Möglichkeit, uns ohne äußere Ablenkung der inneren Welt zu stellen. Doch das heißt nicht, dass wir uns von der Welt zurückziehen und in einsamer Abschottung unsere Meditation üben müssen. Tatsächlich gibt es viele Gründe, das nicht zu tu und gemeinsam mit einem Partner zu üben.
Vorteile vom gemeinsamen Meditieren
- Es ist motivierend. Mit dem Meditieren ist es wie mit Sport oder den meisten anderen Aktivitäten; haben wir jemanden, der es mit uns zusammen macht, ist es viel wahrscheinlicher, dass wir am Ball bleiben und es langfristig durchziehen. Zu zweit zu meditieren kann extrem motivierend sein und die Praxis auf ein neues Level heben.
- Bringt Struktur in die Praxis. Mit der gemeinsamen Praxis kommt auch eine gewisse Struktur. Wenn wir für uns allein meditieren, können wir immer Gründe dafür finden, die Meditation auf später zu verschieben. Oft fallen so Meditationssession weg, weil wir morgens lieber noch ein bisschen schlafen oder abends noch einen Film schauen möchten. Zu zweit zu meditieren erlaubt weniger Ausreden – eine Verabredung ist eine Verabredung.
- Der Austausch hilft. Nach einer gemeinsamen Meditation berichtet man für gewöhnlich dem Meditationspartner von seiner Erfahrung. Das hat nicht nur den Vorteil, dass man die Chance hat einen guten Ratschlag zu bekommen, den man selbst vielleicht übersieht. Es hilft auch dabei, die eigene Praxis mit anderen Augen zu sehen und Bewusstsein für das zu entwickeln, was funktioniert und was nicht.
- Es stärkt die Verbindung. Letztlich ist das Meditieren zu zweit eine intime und sehr verbindende Erfahrung. Wenn wir langfristig und intensiv für uns allein meditieren kann es schon mal passieren, dass wir uns zu stark abgrenzen und phasenweise zum Einbrötler mutieren. Beim gemeinsamen Meditieren haben wir das nicht. Hier nehmen wir die Verbindung mit in unsere Praxis und stärken so unsere Empathievermögen und verbessern generell die Beziehung (sowohl mit dem Meditationspartner als auch mit anderen Menschen).
Nachteile vom gemeinsamen Meditieren
- Es kann ablenkend sein. Je nach Erfahrungsgrad und Konzentrationsvermögen kann das gemeinsame Meditieren ablenkend sein. Vielleicht kann der Meditationspartner nicht so lange still sitzen wie du, vielleicht hörst du seinen Atem, vielleicht zieht dich seine/ihre Ausstrahlung immer wieder weg vom Meditationsobjekt. Es gibt viele Dinge, die ablenkend sein können. Gerade wenn zwei Anfänger miteinander meditieren, können solche Ablenkungen zustande kommen.
- Erwartungen können die Meditation blockieren. In die Meditation wollen wir mit einem offenen und freien Geist gehen, ganz unvoreingenommen, ohne Erwartungen. Wenn wir mit jemanden meditieren, kann es passieren, dass wir die selben Erfahrungen machen wollen wie er oder sie. Vielleicht berichtet unser Partner nach der Meditation etwas, das wir in unserer Erfahrung nicht finden können. Dann sind wir verunsichert und denken, dass wir irgendetwas falsch machen, obwohl alles gut läuft. Wichtig beim Meditieren zu zweit ist daher, nicht an Ziele oder in richtig und falsch zu denken, sondern ohne Vorurteile zu bleiben und einfach zu praktizieren.
- Abhängigkeit kann entstehen. Haben wir einen festen Meditationspartner mit dem wir immer meditieren, kann es schwer fallen, uns auch alleine auf das Kissen zu setzen und die Augen zu schließen. Wichtig ist daher, dass wir unsere Praxis nicht von der anderen Person abhängig machen und alleine genau so gut meditieren können.
Zu zweit meditieren: 5 Tipps
1. Meditiert mit der selben Absicht
Gemeinsames Meditieren funktioniert mit manchen Menschen besser und mit anderen nicht so gut. Es muss eine gewisse Harmonie da sein, ein »stilles Verstehen«.
Dafür kann es helfen, wenn ihr auf die selbe Weise und mit der selben Absicht meditiert wird. Ist der eine auf der Suche nach der Erleuchtung und der andere will nur etwas mehr Konzentration für seinen Job, dann trägt das gemeinsame Praktizieren nicht so viele Früchte, wie es könnte.
2. Positioniert euch entsprechend eurer Beziehung zueinander
Beim gemeinsamen Meditieren können scheinbare Kleinigkeiten große Unterschiede machen, zum Beispiel wie wir uns zusammen positionieren. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: gegenüber oder nebeneinander sitzend.
Nebeneinander zu sitzen ist die gewöhnliche Art, zu zweit zu meditieren. Hier meditiert man zwar zusammen, aber nicht miteinander. Das bedeutet, das beide ihre eigenständige Praxis haben und die Meditationsübung nicht direkt etwas mit der anderen Person zu tun hat. Der Fokus ist also trotzdem bei einem selbst und der andere kann quasi komplett vergessen werden.
Wenn wir uns gegenüber setzen, Gesicht zu Gesicht, dann ist das anders. Hier sind wir körperlich auf die andere Person ausgerichtet, was unweigerlich auch dazu führt, dass wir auch eine gewisse geistige und emotionale Bindung mit ihr eingehen. Es ist dann ein wirkliches Miteinander, weshalb diese Positionierung vor allem für Paare gedacht ist. Hier kann der Fokus auch direkt auf die Verbindung mit der anderen Person gelegt werden und die Erfahrung sehr intim werden.
3. Macht vorher aus, wann und wie ihr die Meditation beendet
Nichts ist unangenehmer, als das erste Mal gemeinsam zu meditieren und vorher nicht geklärt zu haben, wer wann und wie die Meditation beendet. Hat der andere auch solche Knieschmerzen und will die Meditation beenden, oder erfährt er gerade die Erleuchtung? Oft sind sich dann beide nicht sicher und warten auf ein Zeichen des anderen, bis es zu merkwürdig wird und die Meditation einfach irgendwie abgebrochen wird.
Wie wir die Meditation beenden ist wichtig dafür, die Bewusstheit aus ihr auch mit in den Alltag zu nehmen. Ein abruptes oder holpriges Ende sollte daher vermieden werden. Dafür ist es wichtig, dass wir uns darüber vorher absprechen, wenn wir zu zweit meditieren.
Möglichkeiten sind ein sanfter Wecker oder ein gemeinsames Chanting am Ende der Meditation. Normalerweise übernimmt diese Verantwortung der erfahrenere Meditierende und passt sich bei der Länge der Meditation an das Level des anderen an.
4. Berichtet euch nach der Meditation
Sich nach der Meditation gegenseitig berichten zu können ist ein großer Vorteil, den man beim Meditieren zu zweit hat. Bei den Vorteilen der gemeinsamen Meditation habe ich schon erwähnt, wie der Austausch die eigene Praxis enorm verbessern kann. Wenn ihr zu zweit meditiert, solltet ihr davon also auf jeden Fall Gebrauch machen.
Beim Berichten solltet ihr darauf achten, eure Erfahrungen nicht zu interpretieren, sondern sie so klar und direkt wie möglich zu formulieren. Was hast du wahrgenommen? Wie war die Konzentration und wie lange konntest du sie auf dein Meditationsobjekt aufrechterhalten? Welche Gedanken und Emotionen waren besonders ablenkend? Wie hast du dich gefühlt und fühlst dich jetzt?
Dein Mediationspartner muss dazu keinen Ratschlag oder etwas zu sagen haben. Es reicht schon, diese Wahrnehmungen einfach mal ausgesprochen und für uns selbst formuliert zu haben. Das hilft dabei, den Fortschritt unserer Praxis verfolgen zu und Anpassungen vornehmen zu können.
5. Meditiert gemeinsam, auch wenn ihr nicht physisch zusammen seid
Das trifft vor allem zu, wenn ihr regelmäßig miteinander meditiert oder eine feste Schüler-Lehrer-Beziehung habt. Selbst wenn ihr räumlich voneinander getrennt sein, kann es dann trotzdem sinnvoll sein, eine gemeinsame Zeit auszumachen, zu der jeder für sich selbst meditiert.
Das Wissen darum, dass der andere gerade auch dasitzt und meditiert, bringt eine gewisse Motivation und Struktur in unsere eigene Praxis. Es hilft zu wissen, dass wir nicht alleine sind.
Du suchst einen Meditationspartner?
Mir ging es lange Zeit so, dass ich zwar gerne jemand gehabt hätte, mit dem ich gemeinsam meditieren kann, aber schlicht niemanden in meinem Umfeld hatte, der auch regelmäßig meditiert hat. Wenn es dir ähnlich geht, habe ich zwei Tipps für dich:
- Vernetze dich über Facebook-Gruppen oder ähnliche Communities mit anderen Meditierenden und tausche dich aus. Vielleicht findest du jemanden, der aus denselben Gründen wie du meditiert und mit dem du dich zeitlich zur gemeinsamen Praxis verabreden kannst. Über das Internet ist dahingehend viel möglich.
- Suche nach Meditationszentren, Klöstern oder Ashrams in deiner Umgebung und statte ihnen mal einen Besuch ab. Das gemeinsame Meditieren, vielleicht sogar in einer größeren Gruppe, kann extrem wertvoll für die eigene Praxis sein. Wenn du magst, kannst du auch ein längeres Retreat oder Seminar besuchen und so die ersten Erfahrungen im gemeinsamen Meditieren sammeln.
Probiert es aus!
Wie immer ist das Motto: Probiert es einfach mal aus! Zu zweit zu meditieren kann eine wunderbare Erfahrung sein und auch der individuellen Praxis einen frischen Impuls geben. Das Wichtigste dabei ist, dass du dich mit deinem Meditationspartner gut verstehst und ihr auf derselben Wellenlänge seid. Ist das gegeben, dann steht dem gemeinsamen Meditieren nichts mehr im Weg.
Interessant, über das Meditieren zu zweit zu lesen, besonders da ich schon länger meditiere. Die Perspektive, dass es neben der individuellen Praxis auch im Duo Vorteile bieten kann, gab mir neue Denkanstöße. Die Balance zwischen gemeinsamer Motivation und den möglichen Ablenkungen ist ein wichtiger Punkt. Werde das Konzept vielleicht in meine Routine einbauen, um zu sehen, wie es die Erfahrung verändert.